Nach kaum ein paar Metern endete der Gang. Ganz offensichtlich bog es nach rechts und links ab. Der Blick nach links offenbarte - nichts. Hier befand sich nur eine kleine Nische. Rechts sah es allerdings deutlich spannender aus. Hier hatte Schutt einen Gang verschlossen, der offenbar nach oben führte. Daniel Jackson vermutete zunächst, dass hier der ursprüngliche Eingang war, denn darauf hatten auch die Kalksteinreihen auf der östlichen Seite der Mastaba hingedeutet, die bei der Umrundung zu sehen gewesen waren. Dann erinnerte er sich allerdings daran, dass er zu dieser Frage mal etwas gelesen hatte: Die Mastaba hatte keinen Eingang, denn sie war in aller Eile errichtet worden, nachdem das vermutlich unerwartet frühe Begräbnis bereits stattgefunden hatte. Es musste also niemand mehr die Grabkammer erreichen können, um eine Mumie dort zu platzieren. Diese war beim Baubeginn schon dort, Ausgräber hatten sie auf dem Fußboden der Grabkammer gefunden. Offenbar hatten sie die antiken Grabräuber dort liegengelassen, denn zwischen den entfleischten Knochen und dem aus Leinenbinden modellierten Körper vermuteten sie offenbar nichts Wertvolles mehr. Diese Art der Mumifizierung deutete jedoch sicher auf das Alte Reich als Begräbniszeitpunkt hin. Nach so viel Überlegungen war es aber an der Zeit, Itta in die Grabkammer zu folgen. Der hatte schon den dort stehenden Sarkopharg ins Visier genommen. In der Grabkammer mit vollkommen glatten Wänden ohne eine einzige Inschrift fiel er natürlich auch besonders ins Auge. Unter dem zur Seite geschobenen Deckel lag noch heute eingeklemmt ein antikes Werkzeug. Beim Blick in den Sarkopharg fielen neben dem glatten Deckel eine arabische Inschrift auf, die aber wohl aus modernerer Zeit stammen musste. Der Sarkopharg war heute natürlich komplett leer. Es war nur noch der Rosengranit, aus dem er bestand, zu bewundern. Auch hier natürlich keine Inschriften. Wer war nun also der Grabinhaber? Das war das große Rätsel. Die gefundene Mumie war nur eindeutig als Mann zu identifizieren, da aus Leinenbinden ein Penis nachmodelliert war. Auch der Bestattungszeitpunkt war relativ sicher: es musste sich um das Ende der dritten bzw. den Anfang der vierten Dynastie gehandelt haben. Durch die fehlenden Inschriften war eine Identifikation bis heute nicht möglich, so dass es verschiedene Theorien gab: Gemein hatten sie alle, dass es sich um eine sehr wichtige Person handeln musste, wenn sie so nah neben einer Pyramde bestattet war. Dann hörten die Gemeinsamkeiten auf. Einige Ägyptologen nahmen an, dass es sich um das Grabmal des Pharao Huni handelte. Der war letzter Pharao der dritten Dynastie und möglicherweise der Vater von Snofru. Da seine Pyramide bis heute nicht gefunden wurde, wäre eine Bestattung hier in Mastaba Nr. 17 durchaus möglich. Das war allerdings auch schon der Haken. Warum sollte Huni eine Mastaba als Bestattungsform gewählt haben, wenn die Pharaonen vor und nach ihm Pyramiden bauten? Seine Regierungszeit war nicht so kurz, dass ihm nicht anderes übring geblieben wäre. Eine andere Theorie besagte, dass die Mastaba einem Kronprinzen des Snofru gehöhrte, der unerwartet früh als junger Mann starb. Dies würde die ungewöhnliche Bestattung in einer Mastaba erklären, denn normalerweise war ein Kronprinz ja der nächste Pharao, der sich eine Pyramide baute. Zur gleichen Zeit starben auch Snofrus Söhne Nefermaat (Mastaba Nr. 6) und Rahotep (Mastaba Nr. 16) sowie seine Mutter Meres-anch, die evtl. im Pyramidenbezirk nördlich der Pyramide bestattet war. Auch hier gab es allerdings einen Haken: Wenn es sich beim Grabinhaber um einen erwachsenen Sohn des Snofru handeln sollte, müsste der Pharao bereits zum Zeitpunkt der Bestattung ein stolzes Alter erreicht haben. Da der Mastababau jedoch in die zweite Stufe des Pyramidenbaus in Meidum datiert wurde (das hatte Daniel Jackson bei der Pyramidenbesichtigung erklärt), hätte Snofru bei seinem Tod ein wahrlich stolzes Alter erreicht haben müssen. Die Angaben über seine Regierungszeit schwankten zwar, aber von einem derart hohen Alter war kaum die Rede. Bei so vielen Überlegungen hätte Daniel Jackson fast übersehen, wie hoch die Grabkammer des unbekannten Toten eigentlich war. Nun war es wirklich an der Zeit, den Rückweg anzutreten. Der Zufall wollte es, dass Itta dabei über weitere moderne Beschriftungen stolperte. Was dort wohl stand? Daniel Jackson war zwar neugierig, ärgerte sich aber darüber, dass hier ein jahrtausende altes Grab so beschmiert wurde.
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