Kräftiger Wellengang, der Wind schüttelt das Boot ziemlich durch. Die Weiten des Nassersees haben ihm nichts entgegenzusetzen, die Luft streicht ungehindert über das Wasser und setzt es in Bewegung. „Das ist nichts“, sagt der Kapitän. Traditionelle Galabeya trägt er, ein Tuch um den Kopf gebunden, wie es bei älteren Männern in Oberägypten Standard ist. „Seit 1991 fahre ich auf dem See“, weiß er zu berichten. „Buheirat Nasser“, den Nassersee, kennt er wie seine Westentasche. „Eigentlich müsste es Buheirat Nubi heißen, das Nubische Meer. Aber Nasser hat den Damm gebaut und da hat man den See nach ihm benannt.“
Der stolze nubische Mann steuert sicher durch die Wellen. An dieser Stelle ist der See am breitesten, die Ufer sind nicht zu sehen. Uns Technik-verwöhnten Europäern drängt sich eine Frage auf: navigiert er mit GPS? Amm Ramadan guckt ernst: „Das brauche ich nicht, ich kenne hier alles.“ Für ihn ist es eine Selbstverständlichkeit, die alle gleich aussehenden Inseln und Hügel am Ufer auseinanderzuhalten. „Geradeaus die Inselgruppe heißt Abu Siteta, dort weiter rechts ist Khor el-Sukkar, dahinter kommt dann el-Mudiq. Nubische Namen haben sie, allesamt. Inseln, Landzungen, Uferabschnitte. Manche nach den heute tief unter Wasser liegenden ehemaligen Dörfern wie Gerf Hussein. Andere Namen sind neu. Nicht jede Insel hat einen, aber jede Inselgruppe.
Das Schiff manövriert sicher durch jede Untiefe, über versunkene Zivilisation, das Steuer fest in erfahrener Hand.
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