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Luxor, Februar 2010

Unter Schock

Ägypten unter Mubarak

Ich komme am Luxortempel von der Fähre, steuere gedankenverloren einen Mülleimer an, werfe den Müll hinein. „Oh, gerade keine Autos“, denke ich, nutze die günstige Gelegenheit und quere schnell die Corniche. Auf dem Mittelstreifen der Uferstraße am Nil bleibe ich stehen, etwas ist komisch. Die Corniche ist leer. Leer. Kein Auto, keine Kalesche, kein Taxi. Nichts. Einfach leer. Absolute Ruhe. Das kann doch nicht sein, was ist hier los? Gespenstisch!

Von Süden Blaulicht. „Jetzt aber runter von der Straße“, schießt es mir durch den Kopf. In Zeitlupe sehe ich mich zur Seite laufen: rechts, links, tipp, tapp, rechtes Bein, linkes Bein. Mit jedem Schritt wirbelt Staub auf. Bürgersteig!

Wusch! Zwei Polizeiwagen rasen vorbei. 10 Meter dahinter ein schwarzer Jeep. 90, 100, 130 km/h? Keine Ahnung. Voller Speed!

Eine schwarze Limousine, noch eine. Vorhänge zugezogen.

Wusch! Drei offene Polizei-Pickups, vollbesetzt. Maschinengewehre überall.

30 Meter, Bruchteile einer Sekunde später, ein Krankenwagen mit Blaulicht. Noch einer! Zwei Polizeiwagen.

Keine 10 Sekunden, der Spuk ist vorbei!

„Gerade nochmal rechtzeitig von der Straße! Das war knapp!“, denke ich. Noch eine schwarze Limousine rast mit voller Geschwindigkeit vorbei!

Stille. Die Corniche leer.

Touristen fragen Ägypter: „Der Präsident?“, „Nein, Nr. 2“ heißt es. Nur der Name fällt gerade nicht ein. „Ahmed Nazif, der Premierminister“, sage ich. „Winter Palace“, in dem berühmtesten Hotel von Luxor ist er eingekehrt.

Ich muss mich setzen. „Aufschreiben“, denke ich sofort. Solange der Eindruck noch frisch ist. Ein bisschen unter Schock. Gut, dass ich so schnell zur Seite gelaufen bin. Wer weiß, was sonst passiert wäre. Jemand mitten auf der Straße. Wären sie da ausgewichen? Attentäter, Feuer frei? Puh, erst einmal sitzen.

Nach fünf Minuten kommt der Verkehr wieder. Nur ich sitze noch da und erhole mich. Schreck, lass nach!

Die Zeit vergeht. Noch einmal 15 Minuten später, ich sitze immer noch wie angewurzelt auf meinem Platz. Die Augen weit aufgerissen.

Und dann bin ich doch nicht der Letzte.

Polizeiwagen fahren vorbei, vollbesetzt mit normalen Menschen. Ich verstehe es erst gar nicht, bin noch viel zu sehr mit meiner Straßenquerung beschäftigt. Ein Polizeiwagen stoppt, jemand steigt ein. Die Polizei sammelt ihre Streckenposten in Zivil ein. Der unsichtbare zweite Schutzring für den Premierminister. Zwischen all den Menschen auf dem vollen Bürgersteig war er wirklich nicht aufgefallen...

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 Corniche Luxor, seltsam leer.

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