Kairo, Mai 2014

Verkehrsunfall

Ägyptischer Alltag

Auf der Oktoberbrücke geht es quälend langsam voran, wie fast jeden Tag hat sich ein gewaltiger Stau gebildet. Auf der Rückbank eines Taxis sitzt ein Mann um die Vierzig, den Blick vertieft in sein Smartphone. Der Internetverbindung sei Dank, langweilig ist ihm nicht: Auf dem Bildschirm räkeln sich unbekleidete Damen, minutenlang blättert er von einem Bild zum nächsten. Der Fahrer vor ihm bekommt davon nichts mit. Irgendwann löst der Smartphone-Besitzer für einen Moment seinen Blick vom Bildschirm, schaut aus dem Fenster – und entdeckt unseren Minibus auf der Nachbarspur. Seit Minuten schaut der halbe Minibus interessiert auf das Smartphone im Taxi nebenan. Peinlich berührt wenden die Minibusfahrgäste ihren Blick ab, als der Smartphone-Besitzer sie bemerkt. Aber besonders ihm ist die Lage unangenehm, schnell ist der Bildschirm abgeschaltet. Zum Glück löst sich der Stau gerade auf, die beiden Fahrzeuge verlieren sich im Gedränge.

„Religion und gesellschaftliche Normen hin oder her. Kaum ein Land der Welt gibt bei Google so oft den Suchbegriff ‚Sex’ ein, wie Ägypten“, verrät hinter vorgehaltener Hand Mohsen. Er hat es vor kurzem online in einem Blogartikel gelesen. „Jeder schaut solche Bildchen und Filme, wir sind Menschen wie alle anderen. Aber mitbekommen soll das niemand, öffentlich schimpft man über ein solches‚ moralisches Fehlverhalten’.“

<                             >