Qurnet Marai. Die bunten Häuser der „Grabräuber" liegen am Hang, malerisch in der Mittagssonne. Blau, gelb, rötlich, ockerfarben, weiss. Verzierungen. Muster an der Oberkante der Wände, wellenförmig, gepunktet, gleichmäßig, ungleichmäßig, ganz fehlend. Türen. Die wunderschönsten Verschnörkelungen neben einfachen Holztüren. Braun, blau, grün mit weißen Mustern, braun, durchsetzt mit weißen Flächen. Und Fenster. Aus Holz, kein Glas. Offen, geschlossen, halb angelehnt. Alle Farben, alle Größen. Gleichmäßig in ihrer Ungleichmäßigkeit. Kleine enge Gassen, gewölbte Decken, Rundbögen. Vorsprünge, Erker. Durch Palmstämme getragene Decken, kleine Durchlässe. Schatten, Sonne, Schatten, Licht. Ein eindrucksvolles Wechselspiel. So viel zu entdecken.
Bulldozer. Staubfahnen, hoch im Himmel. Und Lastwagen. Schutt wird abgefahren. Einige Häuser stehen noch. Die UNESCO will sie behalten, ein Museum daraus machen. Vielleicht wird auch alles abgerissen. Niemand kann es wissen. Die Dörfer von Sheikh Abd el Qurna bis Dra Abu Naga sind schon gefallen. Ebenso der nördliche Teil von Qurnet Marai. Vor vierzehn Tagen zogen die letzten der Menschen aus, deren Familien jahrhundertelang dort gelebt hatten.
Seit Jahren hätte ich fotografieren können. Ich tat es nicht, die Häuser waren normal. Alles hier war normal, das Leben eben. Nichts Besonderes, nichts um mehr als ein paar Schnappschüsse zu machen. Jetzt steht alles leer, die letzte Chance, bevor vielleicht der Bulldozer kommt. „Dokumentieren“, lautet mein Ziel. Die letzten der alten Häuser. Besonders – das sind sie heute. Ich stürze mich ins Gewirr der Häuser - und vier Ghafire samt Inspektor stürzen sich auf mich. "Working area, no, no, no, no!!! Get out, get out, get out!!!" Keine Chance, ich muss das Gelände verlassen. Zu spät...
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